
Coachings durch Vorgesetzte
In den letzten Jahren wird im Personalbereich immer stärker das Coaching von Mitarbeitern durch Vorgesetzte propagiert.
Dazu habe ich eine klare Meinung:
Nein!
Ja sicher, jetzt werden einige denken, das muss sie ja sagen, schließlich wären das potentielle Kunden, die ihr verloren gehen. Und aus rein unternehmerischer Sicht stimmt das vollkommen.
Aber ich sage das nicht aus diesem Grund. Ich bin dem Thema Coaching vor vielen Jahren sozusagen verfallen. Ich habe über einen langen Zeitraum Methoden und deren Anwendung erlernt. Ich habe selbst Coaching erfahren. Ich habe mich intensiv mit den Möglichkeiten und den Grenzen von Coaching beschäftigt. Und daher liegt für mich die Begründung nicht im unternehmerischen Denken, sondern in der Sache an und für sich und an den Themen.
Welche Themen werden in einem Coaching besprochen?
Ich mag an dieser Stelle mal kurz ausholen, was ein Coaching beinhaltet bzw. welche Themen dort anzutreffen sind.
In erster Linie kommt im Business Coaching natürlich jemand mit einem beruflich bezogenen Thema zu mir. Das kann Schwierigkeiten mit der Umsetzung von Aufgaben, Konflikte mit Kollegen, weitere Karriereplanung sein oder anderes sein.
Das Coaching beginnt in der Regel mit einer ausführlichen Schilderung der problematischen Situation und dem setzen des Coaching Ziels. Im Laufe der Erarbeitung einer Lösung für dieses berufliche Problem kommt man unweigerlich auch an Themen vorbei wie “Was ist mir wichtig im Leben?”, “Wie unterstützt mich mein Umfeld (Familie, Freunde)?”, “Was belastet mich gerade im familiären Umfeld?”, “Was hat mich geprägt in meinem Leben und meiner Kindheit?” und vieles mehr.
Solange in diesen Bereichen grad alles gut ist, werden wir sicherlich kein Problem haben, jemand davon zu erzählen. Aber sind wir doch mal ehrlich: gibt es da irgendetwas was mich beruflich negativ beeinflusst, dann möchten wir das nicht jemanden erzählen und schon gar nicht dem eigenen Vorgesetzten.
In einem Coaching durch einen Coach, der nicht der Vorgesetzte und auch nicht der eigenen Firma angehört, fällt es mir doch viel leichter so etwas anzusprechen. Ich weiß, dass ich keine negativen Auswirkungen für den Beruf befürchten muss. Mein Vorgesetzter sein Bild von mir als Person und meiner Fachkompetenz nicht durch etwas trüben lässt.
Ich hingegen ermuntere meine Kunden auch über diese Themen zu reden. Zum einen habe ich ein umfassendes Weltbild des Menschen und dazu gehört, dass man alle Aspekte des Lebens mit in das Coaching einbeziehen sollte. Menschen sind mehr als “nur” Beruf, “nur” Familienmutter/-vater, “nur” Freund/-in, …. Und oftmals finden wir dann sogar in diesen “schwierigen” Themen den Schlüssel zur Verbesserung der beruflichen bzw. der gesamten Situation oder finden einen Weg, wie der Kunde besser damit umgehen kann. Mit diesem Vorgehen werden Zielsetzungen und erst recht die Veränderungen realistisch und im Endeffekt erfolgreich.
Apropos Ziele im Coaching; mir sind die Ziele meiner Kunden sozusagen egal. Nicht, die Zielsetzung an und für sich oder dass überhaupt ein Ziel anvisiert wird. Das nicht! Sondern inhaltlich. Ich bin sozusagen Zielneutral. Das Ziel muss die Situation des Kunden verbessern bzw. lösen. Und nur darum geht es. Und da wir Menschen sehr individuell sind, können gleiche Probleme von Kunden durchaus verschiedene Ziele und Lösungen haben.
Ein Coachingbeispiel aus meiner Praxis
Ich hatte vor Jahren eine Kundin, die nicht so recht wusste wie sie im Job bzw. der Karriere weiter machen soll. Sie hatte von Kollegen einige Möglichkeiten für neue interne Tätigkeiten aufgezeigt bekommen. Aber grundsätzlich hat ihr auch Ihre aktuelle Tätigkeit gefallen. Und eigentlich wollte sie halt auch “weiter kommen”. Sie schwankte damals immer so ein bisschen zwischen Unter- und Überforderung. Sie kam damals zu mir mit dem festen Vorsatz, dass ihre berufliche Situation aktuell nicht stimme und sie daran etwas ändern muss.
Im Coaching haben wir dann verschiedene Aspekte ihrer aktuellen Tätigkeit und den vorhanden internen Möglichkeiten betrachtet, aber auch ihr Leben rund um den Beruf beleuchtet. Der Schlüssel kam dann für sie völlig unerwartet in einer Bereicherung Ihres Freizeitlebens. Sie hat angefangen regelmäßig Kurse zur Entspannung zu besuchen. Dies hat Ihr berufliches Gehetztsein reduziert. Sie hat sich besser gefühlt und plötzlich konnte sie ganz anders mit den Anforderungen ihres Jobs und ihrer Karriere umgehen. Sie hat klarer für sich gesehen, welche Anforderungen der Beruf für sie erfüllen muss und konnte im Endeffekt viel klarer und besser entscheiden, welche weiteren Schritte sie gehen möchte.
Die ursprüngliche Anforderung dieses Coachings war eigentlich die Veränderung des Jobs, aber für die Kundin war die Etablierung von Entspannungstechniken im Freizeitbereich im Endeffekt viel wertvoller. Für sie hat damals das Coaching ihr ursprüngliches Ziel übertroffen und sie war danach sehr glücklich mit dem Ergebnis.
Wäre ich nicht zielneutral gegenüber der Kundin gewesen, dann hätte ich wohl versucht Sie dazu zu bringen sich für einen neuen Job zu entscheiden.
Coachings durch Vorgesetzte sind oftmals Arbeitsanweisungen
Neben dem “echten” Coaching wie ich es verstehe und praktiziere, existiert jetzt nun mal aber auch Coachings durch Vorgesetzte. Aber warum eigentlich? Für mich hat sich hier die Quintessenz ergeben: Coaching hört sich hip an (ist ja an und für sich auch eine gute Sache :-)), der Arbeitsalltag von Vorgesetzten sollte bereichert werden, man wollte Vorgesetzten ein weiteres Führungsinstrument an die Hand geben. Aber wenn wir ehrlich sind, dann sind die Coachings von Vorgesetzten eben keine Wertoffene und Zielneutrale Coachings sondern im Coachingansatz verpackte Arbeitsanweisungen. Was ja auch durchaus nachvollziehbar ist. Vorgesetzte haben von der Unternehmensführung vorgegebene Ziele und müssen diese auf die tägliche Arbeit der einzelnen Mitarbeiter herunter brechen. Und diese Arbeiten müssen im Endeffekt das Ziel der Unternehmensführung treffen. Da ist in der Regel kein Platz für freie Ziele. Ein Zielkonflikt für den Vorgesetzten ist hier ganz klar. Wenn ein Vorgesetzter eine blaue Excelliste der Verkaufszahlen benötigt, dann will er keine grüne Wordliste. Oder wie in meinem zuvor erzählten Beispiel die Aneignung von Entspannungstechniken, damit der Mitarbeiter besser mit der Erstellung der Excelliste umgehen kann.
Mein Fazit von Coachings durch Vorgesetzte ist und bleibt daher ein: Nein!
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